Schwinge -Die Ortschaft-
Wir möchten hier anfangen mit einem kleinen Rückblick
bis hin zum heutigen Tage.
(Quelle:Jubiläumsheft zum 75 jährigen Bestehen der Ortswehr Schwinge)
Die Siedlung Schwinge wurde im Jahre 1133 erstmals erwähnt.
Man fand aber in der Schwinger Heide Hügelgräber und einen Urnenfriedhof. Daraus muß geschlossen werden, daß auf
Schwinger Gebiet eine
vorgeschichtliche Besiedelung stattgefunden haben muß.
Die ersten Ansiedler haben an diesem Ort ihre Häuser aufgebaut,
weil die Bedingungen hier optimal waren. Im Süden und Osten des
Ortes befindet sich der Fluß Schwinge mit den davorliegenden
Wiesen. Im Norden liegt der Biden, ein etwas höher gelegenes
Gebiet mit sehr gutem Ackerland. Außerdem befindet sich im Westen des Ortes ein großes Moor- und Heidegebiet.
Es fand dann erst wieder im Jahre 1328 im Stader Stadtbuch eine
Erwähnung statt. Zur damaligen Zeit hieß der Ort Swynge.
Schwinge gehörte zur Börde Mulsum und bestand um 1500 aus
vier Höfen und einer Kate.
Im 15. Jahrhundert hatten die Familie Buck aus Stade und das Stader
Marienkloster den Zehnten in Schwinge.
Im Mittelalter war Schwinge Sitz der Familie „v. Schwinge“, die sich
später „v. Brobergen“ nannte und sich dann auch in Brobergen ansiedelte.
Die Einwohner hatten ihre Häuser noch aneinander gebaut und so
bildete der Ort ein ziemlich geschlossenes Dorf, in dessen Mitte sich
ein Schloß erhob. Dieses war mit einem Burggraben umgeben, der
noch heute im Wiesenhof des Gutes durch einen Streifen mit Schilfgewächsen zu erkennen ist.
Nach einem der früheren Burgherren wurde der Ort Eschen-Schwinge genannt.
Um 1650 (Schwedenzeit) gehörte das Schloß einem königlich
schwedischen Etats- und Kriegspräsidenten mit Namen Alexander
von Erskin aus Schölisch, Erbkämmerer des Herzugtums Bremen
(1598 - 1656). Er fügte dem Ort seinen Familiennamen bei und
nannte ihn etwa 200 Jahre lang
„Erskin-Schwinge“.
Danach ging das Schloß in den Besitz des schwedischen Rittmeisters
von Bülow über.
Die Schulpflicht wurde 1717 eingeführt. Zunächst mußten die Kinder
- es waren vier -
zum Unterricht nach Mulsum, später nach
Groß Fredenbeck.
Das Schloß ging 1736 in den Besitz der Familie von der Decken
über.
1760 fand dann die Schwinger Bauernrebellion statt.
1787 - 1852 übte das Gut die Gerichtsbarkeit aus.
Die Familie v. d. Decken hatte anfänglich im Ort wenig Besitz.
Im benachbarten Klein Fredenbeck hatte die Familie ein Grundstück,
Bockel genannt, das als Viehwiese benutzt wurde.
Aus der Schulchronik der Schulgemeinde Schwinge geht hervor, daß
es der Familie v. d. Decken damals nicht sehr gut ging, denn der Herr
von der Decken sollte damals in der Stadt etwas zu gewagt gespielt
haben und war 100 Taler schuldig geblieben. Ein hiesiger Bauer
mußte dann für ihn bürgen. Dafür wurde dem Bauern nachher der
Zehnte Teil erlassen.
1794 stellte die Familie v. d. Decken ein Stück Land zur Anlage
eines Friedhofs zur Verfügung.
Zum „Commune Schwinge“ (= Gemeinde) gehörten auch die Ort-
schaften Klein- und Groß Fredenbeck mit einer Gesamt-Seelenzahl
von 581.
Im Jahre 1824 nahm die Gemeinde Schwinge eine Teilung der
Gemeinheits-Grundstücke vor. Hierbei erhielt die Familie
v. d. Decken einen bedeutenden Flächenanteil. Die Gemeinde besaß
nämlich sehr viele Ländereien, Wiesen, Weiden und sehr viel Moor.
Die Bewohner befürchteten vor der Teilung, daß die Obrigkeit die
Teilung ablehnen würde, wenn das gesamte Gebiet unter den Bewoh-
nern aufgeteilt werden würde und die Familie v. d. Decken hierbei unberücksichtigt bleiben würde. Deshalb überließen sie der Familie
v. d. Decken einen Grundbesitz, der dem Hofe eines jeden Bauern
gleichkam. Später kaufte die Familie v. d. Decken noch den verschul-
deten Hof des Bauern Wilhlem Kramer. Aus dem Kauf erwuchs der
Familie v. d. Decken sehr viel Ärger. Der Bauer Kramer glaubte
nämlich, daß er den Hof zu einem viel zu niedrigen Preis verkaufen
mußte. Er wollte den Kauf rückgängig machen. Als ihm dieses nicht
gelang, ließ er sich ein kleines Wegehaus in der Nähe des Gutes der
Familie v. d. Decken bauen. Dem Zimmermann wurde jedoch das
Errichten des Hauses von dem Gutsherrn verboten. Der Bauer
Kramer begann aber trotzdem mit dem Bau des Hauses. Dann
wurden die Einwohner des Ortes von Herrn v. d. Decken aufgefordert, das Haus wieder abzutragen und an einer etwas abgelegenen
Stelle des Ortes wieder aufzubauen. Dieses geschah und der Bauer
Wilhelm Kramer mußte mit seiner Familie dorthin ziehen.
Die Ortschaft hatte früher nach Westen große Eichen- und
Buchenwälder, die bei der Verkoppelung sämtlich abgeholzt
wurden. Dort wurde dann Getreide angebaut.
1842 war ein Großfeuer in Schwinge: 11 Gebäude fielen in Schutt
und Asche.
In der Schwinger Heide entstand die Stelle eines Chausseehebers
mit Schankkonzession. Wegen des Schlagbaumes wurde die Wirtschaft „Schwinger Baum“ genannt.
1846 kaufte das Gut eine Feuerspritze.
Die Wege waren um 1850 sehr schlecht. Der Kirchweg nach Mulsum
war in einem solch schlechten Zustand, daß zwei Pferde einen Ackerwagen, der allerdings oft mit Kirchenbesuchern überladen war, kaum
ziehen konnte. Die Fußgänger mußten von Stein zu Stein springen,
um trockenen Fußes nach Mulsum zur Kirche zu kommen.
1855 bildeten sich außerhalb des Ortes einige Siedlungen: „Schwinger Steindamm“, „An der Bult“ und „Hagenaher Furth“.
Im Jahre 1862 wurde eine Vereinbarung getroffen, wonach die
Grundstücksaufteilung wie folgt festgelegt wurde: Gut Schwinge
(250 Hektar), acht Vollhöfe (120 Hektar), zwei Halbhöfe (60 Hektar)
und 15 Anbauern (20 Hektar). Die Bauern fingen an zu kultivieren
und nutzten die Heideflächen durch Schafherden.
Um 1900 versammelte der damalige Kreishauptmann Reinicke die
Männer des Dorfes, um sie mit dem Bau einer neuen Straße zu
beauftragen. Alle Männer weigerten sich, weil sie glaubten, daß sie
die hohen Kosten nicht tragen konnten. Dann spendete Herr von der
Decken eine Summe von 1.200 Mark und eine größere Menge Steine.
Jetzt wurde der Ausbau des Weges beschlossen und in kürzester Zeit
fertiggestellt.
1924 wurde die Freiwillige Feuerwehr Schwinge gegründet und
eine Pferdezug-Motorspritze angeschafft.
Bei einem Großbrand im Jahre 1926 brannte die Gastwirtschaft
von Dietrich Hoeft, Schwinger Baum, bis auf die Grundmauern
nieder.
1960 wurde das Gemeindehaus in Schwinge gebaut. Hierin
befand sich das Gemeindebüro, ein Kühlhaus und das Geräte-
haus der Freiwilligen Feuerwehr.
1972 fand eine Gebiets- und Verwaltungsreform statt. Schwinge
wurde der Gemeinde Fredenbeck angegliedert. Die Gemeinde bestand jetzt aus Groß- und Klein Fredenbeck, Wedel und Schwinge.
Mitte der siebziger Jahre wurde am nördlichen Ortsrand ein Baugebiet ausgewiesen. Hier entstanden mehrere Einfamilienhäuser.
Im Jahre 1979 wurde der Schwinger Sport-Club gegründet, der
z. Zt. ca. 280 Mitglieder hat. Der Verein hat eine Fußball-Abteilung und
eine Frauen-Gymnastik-Abteilung.
1981 wurde der „Schwinger Angelverein e.V.“ gegründet. Dieser
Verein beangelt die Schwinge, die Oste und einen Angelteich.
Da sich viele Fischarten nicht mehr natürlich in den begradigten
Flüssen fortpflanzen können und auch keine Kiesbetten zum Laichen mehr vorhanden sind, befaßt sich der Verein auch mit der Fisch-aufzucht. In den Nebenbächen der Schwinge wird der Laich von Meerforellen ausgebracht. Hieraus entwickeln sich jährlich bis zu 40.000 Forellen, von denen aber nur ein Teil überlebt. Der Verein hat z. Zt. 220 Mitglieder.
1982 wurde das Gemeindehaus zum Dorfgemeinschaftshaus erweitert.
In den Jahren 1995/1996 wurde das Baugebiet am nördlichen
Ortsrand vergrößert und es entstanden noch weitere Ein-, Mehrfamilien- und Doppelhäuser.
Heute hat Schwinge ca. 950 Einwohner und besteht aus einer Fläche von 1.683 Hektar.
Durch die veränderte Bevölkerungsstruktur hat sich das dörfliche
Leben auch verändert. Anfang der sechziger Jahre waren die Einwohner noch größtenteils in der Landwirtschaft beschäftigt. Heute sind in Schwinge noch zehn Vollerwerbslandwirte. Auch hat sich die Dorfgemeinschaft in den letzten Jahren verändert. Früher war die Nachbarschaftshilfe sehr wichtig, man stand in Freud und Leid zueinander. Heute ist auch in Schwinge, wie in anderen Dörfern, eine
Anonymität eingetreten, die es früher nur in den Städten gab. Viele
Sitten und Gebräuche der alten, nützlichen Dorfgemeinschaften sind
verlorengegangen oder nur noch in kleinen Resten vorhanden.
Es ist nur zu hoffen, daß man sich trotz Anonymität, Hast, Streß und
Unruhe besinnt, daß es noch eine Nachbarschaft und eine Dorfge-
meinschaft gibt.
Einwohnerzahlen und Hofstellen in Schwinge
um 1500 4 Höfe 1 Kathe
1529 10 Hofstellen
1570 5 Voll-, 3 Halbhöfe,
1 Kathe
um 1626 10 Hofstellen
1694 16 Steuerpflichtige
1702 20 Steuerpflichtige
1769 30 Feuerstellen
1815 31 Feuerstellen,
220 Einwohner
1848 287 Einwohner
1871 348 Einwohner
1905 312 Einwohner
1925 378 Einwohner
1939 406 Einwohner
1946 446 Einwohner
1964 574 Einwohner
1987 781 Einwohner
1998 950 Einwohner
2000 1038 Einwohner
2001 1069 Einwohner
2002 1080 Einwohner
2003 1076 Einwohner
2004 1081 Einwohner
2005 1071 Einwohner
2006 1067 Einwohner
2007 1057 Einwohner
2008 1050 Einwohner
2009 1038 Einwohner
2010 1028 Einwohner
2011
1025 Einwohner