Unsere alte Koebe-Motorkraftspritze
1924 wurde nach teils heftigen Debatten im Gemeindeausschuß die Neuanschaffung einer Spritze beschlossen. Die Finanzierung sollte zum großen Teil durch eine Umlage bei den Dorfbewohnern erfolgen. An dieser Umlage beteiligten sich alle Dorfbewohner mehr oder weniger gern, bis auf einen Bauern P. Der weigerte sich beharrlich sich finanziell zu beteiligen, weil er der Meinung war, die neue Spritze würde sowieso kein Löschwasser zu seinem Anwesen fördern können.
Man entschied sich, eine Motorspritze der
Firma KOEBE, Luckenwalde,
zu kaufen. Zum Kauf der Spritze machte sich eine Abordnung, bestehend aus Gemeindeausschußmitgliedern und Feuerwehrleuten unter Führung des Gemeindevorstehers L. Dankers auf den
Weg nach Luckenwalde bei Berlin. Die Gäste aus Schwinge wählten
in der Fabrik das nach ihrer Meinung in Frage kommende Gerät aus.
Der Kauf wurde besiegelt und die Maschinisten kurz eingewiesen
(Betriebsanleitungen gab es noch nicht). Wenig später wurde die
Motorspritze per Bahn bis zum Bahnhof Horneburg auf den Weg gebracht, von wo sie mit Pferden nach Schwinge geschafft wurde. Zur Inbetriebnahme hatten die Kameraden der Camper Feuerwehr ihre Hilfe angeboten. Als sich jedoch einige Startschwierigkeiten einstellten, kam ihnen ein fernes Donnergrollen gerade passend. Mit Hinweis auf die vielen Strohdachhäuser in Campe suchten sie das Weite. Kurz darauf konnten jedoch die Schwinger Feuerwehrleute auch ohne fremde Hilfe zur Zufriedenheit aller die neue Spritze in Betrieb nehmen.
Eine der ersten Übungen wurde in aller Stille vorbereitet. Geübt wurde „Wasserbeförderung auf langen Wegen“ - zum Hof des
Bauern P., der sich nicht an einer Umlage für die neue Spritze
beteiligen wollte. An Schlauchmaterial mangelte es nicht, denn es wurde stets ein zweirädriger Haspelwagen mit ca. 500 m Schläuchen
mitgeführt. Querfeldein verlegte man die Schlauchleitung von
Kramers Teich zum Hofe P. und brachte die Spritze in Stellung.
Kurz nach dem Kommando „Wasser Marsch“ spritzte der Schlauchtrupp durch die zufällig halb geöffnete Dielentür eine enorme
Wassermenge. Sofort kam der Bauer P. aus der Seitentür mit erhobenen Händen und schrie:
„opphüern ............. Ick betohl!“
Ihre Bewährungsprobe hatte die neue Spritze im Oktober 1924, bei
einem Großbrand in Deinste (Bardowiek) zu bestehen.
Bei einem der nächsten Großbrände im September 1926, bei dem die Gastwirtschaft Hoeft, Schwingerbaum, niederbrannte, bewies sich schon der Vorteil der Motorspritzen. Obwohl außer den Motorspritzen aus Schwinge und Stade noch 5 Handdruckspritzen eintrafen, konnten die letzteren nicht eingesetzt werden, weil kein Löschwasser in der Nähe war. Es mußten ca. 1,5 km Schlauchleitung
zum Hagenaher Bach verlegt werden. Durch gegenseitiges Zupumpen übernahmen die beiden motorisierten Wehren von Schwinge
und Stade die alleinige Wasserversorgung.
Während des Krieges fanden sogar die englischen Besatzungstruppen Gefallen an der guten alten Spritze. Sie brachten sie zu einem nahegelegenden Teich und wuschen tagelang ihre Fahrzeuge, Lkw’s und Panzer, mit dem scharfen Wasserstrahl. Als den Soldaten das Anlegen der Saugschläuche offensichtlich zu mühsam wurde, schoben sie das Gefährt kurzerhand in den Teich bis die Ansaugstutzen unter Wasser waren. Auch so funktionierte die Spritze. Bei Abzug zerschossen einige Soldaten den Tank der Spritze und wollten diese in Brand setzen, was ihnen aber nicht gelang. Nur die scharfen Frostnächte ohne Frostschutz im Kühlsystem konnte der Motorblock nicht überstehen, er platzte.
Die Spritze wurde dann wieder repariert.
Mit der Einführung von Treckern in der Landwirtschaft wurde eine
zweite Deichsel für den Treckerzug angeschafft. Eine der ersten
Fahrten mit dem Trecker ging zum Feuerwehrfest nach Mulsum.
Als man sich in Höhe Schwingersteindamm kurz vor der Schwingebrücke befand, löste sich plötzlich die Deichsel von dem Gefährt,
weil man die Sicherung vergessen hatte. Die Spritze machte einen
sanften Rechtsbogen und fuhr in den Straßengraben. Die aufsitzenden Feuerwehrleute fanden sich nach einem mehr oder weniger
eleganten Salto auf der weichen Wiese wieder. Der Treckerfahrer hatte nichts von dem Vorfall bemerkt und fuhr alleine mit der
Deichsel weiter.
1962 beschloß dann die Gemeinde einen neues Feuerwehrfahrzeug, LF 8, zu beschaffen.
Die „alte Spritze“ hatte ausgedient. Ihren Standort behielt sie aber
vorerst noch im Gerätehaus neben dem neuen Fahrzeug. Aus
Platzgründen wurde sie aber bald ausquartiert.
Der Gemeinderat überließ dem seit 1961 amtierenden Brandmeister Johann Fiege, selbst Ratsmitglied, das alte Stück zur
freien Verfügung. Einzige Bedingung: Sollte er sie verschrotten,
war der Erlös der Feuerwehrkameradschaftskasse zuzuführen.
Glücklicherweise war damals der Schrottpreis sehr niedrig,
so daß die Spritze nicht verschrottet wurde.
Auf dem Hof der Familie Neumann, unter einem Schirm
zwischen Stalldung und Unrat, fand man den nächsten
Standort für die Spritze. Hier rostete sie still vor sich hin
und geriet bald in Vergessenheit. Der Haspelwagen erreichte
hier sein Ende. Über den Verbleib ist nichts bekannt.
1974 feierte die Freiwillige Feuerwehr Schwinge ihr
50jähriges Jubiläum. Man plante u. a. einen Festumzug
mit anschließender Fahrzeugschau. Die Feuerwehrmänner
erinnerten sich jetzt wieder an die alte KOEBE-Spritze und
wollten sie gerne zumindest optisch herrichten und am Festtag
zur Schau stellen. Die Spritze, aus dem Stalldung hervorgeholt,
bot einen trostlosen Anblick. Sie wurde dann entrostet und
repariert. Eine neue Lackierung und vieles andere mehr ließ
sie in neuem Glanz erscheinen.
Ihr nächstes Zuhause war eine Garage bei Fritz Kerst, der diese
extra hierfür gebaut hatte.
In den folgenden Jahren erfolgten viele Einladungen von Wehren
aus nah und fern, um den Veteran bei ihren Festen vorzuführen.
Anfangs konnte man noch traditionsgemäß als Zugkraft Pferde einsetzen. Als leider das letzte Gespann im Dorfe abgeschafft wurde, mußte man sich wieder des Treckers bedienen.
Freundlicherweise stellte Ernst Rademacher eine DEUTZ Zugmaschine, 11 PS, die in Eigenarbeit aus mehreren Teilen der Baujahre 1936 - 1946 zusammengebaut wurde, als Leihgabe zur Verfügung. Der Trecker
wurde Feuerwehrrot lackiert und paßt optisch zu der Spritze.
Die Spritze mußte 1976 ihren Standort wegen Verkauf des Grundstücks verlassen und fand ihr neues Domizil bei Klaus Quell. Eigens für diesen Zweck wurde wieder eine Garage gebaut.
1987 konnte die Spritze dann wieder im Spritzenhaus untergebracht werden, als dieses umgebaut worden war.
Als die Spritze im Jahre 1989
65 Jahre alt wurde, war dieses
ein Anlaß für die Freiwillige Feuerwehr Schwinge das Jubiläum
mit einer Feier zu begehen.
Die Feuerwehr wird heute noch mit der „alten Spritze“ zu zahlreichen Umzügen und Ausstellungen eingeladen. Hierfür wurden
einige Feuerwehrmänner mit historischen Uniformen eingekleidet
und repräsentieren so die Freiwillige Feuerwehr Schwinge.
Auch heute noch verwenden die Feuerwehrkameraden viele
Stunden in ihrer Freizeit für die Pflege und Instandhaltung der
Spritze.
Möge der Freiwilligen Feuerwehr Schwinge die
„alte Spritze“
noch viele Jahre erhalten bleiben.
Technische Daten der KOEBE-Motorspritze
Pumpe: KOEBE-Kreiselpumpe 3 stuf.
Leistung 1.200 Liter/Min.
Ansaugpumpe: Doppelkolbenpumpe mit
automatischer Abschaltung
Motor: „Benz“ - 4 Zylinder Benzinmotor, seitengesteuert.
Handkurbelstarter, 26 PS
Drehzahl: 1.800/Min.
Hubraum: 2,7 l
Kühlung: Kühlschlange als Wärmetauscher in Wasserbehälter
Fahrgestell: 4 Rad Holz mit Eisenbereifung Drehkranz vorn
Gewicht: 1.600 kg
(betriebsbereit)
Preis: 8.700 RM (1924)
ohne Ausrüstung
Sitzplätze: 4
Schlauchwagen: Haspelwagen 1-achs.
(nicht mehr vorhanden)
bestückt mit 300 m Schlauch B und 300 m
Schlauch C
Preis: 3.300 RM (1924)